Norwegen unser Reisehit in Europa – daran wird sich wohl auch nix ändern

Norwegen – ein Traumland

Seit etlichen Jahren fahre ich oder besser wir nach Mittelnorwegen, mieten dort zuvor per Internet verschiedene Häuser an und gehen per Boot zum Fischen hinaus. Ein Erleben der Naturkräfte und der Tierwelt und das auf dem Meer und zu Lande gleichermaßen. Es gibt keinen relaxteren Urlaub in einer prächtigen Natur, um Kraft für unsere oft unbefriedigende Arbeitswelt zu tanken. Das sage ich als Therapeut, und der muss es ja wissen.

Jedenfalls das erste Mal war ich im hohen Norden 1986, mit Freundin im Auto und Zelt unterwegs, damals noch in Österreich unter Lohn und Brot, und zwar eine Fahrt mit der Fähre nach Schweden, an der Ostsee entlang, durch Schweden hindurch, durch ganz Finnland an Tausenden von Seen vorbei bis hoch an die russische Grenze, um dann entlang der norwegischen Küste vom Nordcap über die Lofoten bis zurück nach Oslo heimzukehren. Es waren viele Kilometer zu absolvieren, das ist wahr, es bleiben aber unvergessliche Momente in einsamer Natur, phantastische Weite, unzählige Seen und Flüsse, wahnsinnig viele freundliche Menschen, Elche und Schneehasen, aber auch Moskitos in Unmengen. Dies war mein erster Eindruck von dort. Gefischt habe ich sporadisch, weil damals eher sehr unerfahren. übernachtet nach dem „Jedermanns Recht“, ein ungeschriebenes Gesetz in den skandinavischen Ländern, dass man campen kann, wo man möchte, sofern man die Eigentumsgrenzen der dort lebenden Menschen beachtet und sich mit der Natur konform verhält. Vereinfacht gesagt heißt das „Nicht Campen in Vorgärten und keinen Müll liegen lassen“. Für mich stand damals fest! Dies ist das Kanada Europas, es ist nur schneller und kostengünstiger zu erreichen und man kann notwendiges Equipment leicht dorthin transportieren, einfach per Auto. Später schrieb ich im Neuseelandbericht, dass es schon Klasse ist hier in NZ, doch der Aufwand hierher zu kommen im Gegensatz zu einer Norwegenreise steht in keinem Verhältnis. Norwegen wird ewig als Sieger in meinen Darstellungen hervorgehen.

Die zweite Fahrt und die dann immer jedes Jahr folgenden Fahrten waren sehr viel besser geplant, was das Fischen anging und wir wohnten auch nicht mehr wild, sondern buchten immer im Internet im Voraus für die meiste Zeit bereits Hütten bzw. Häuser. Es finden sich zwar leicht günstige Plätze auf Campgrounds, einfache Minihütten an Hauptverkehrsverbindungen oder auch ein Platz zum Wildcampen, doch der Grund des Vorbuchens ist das Fischen im Meer. Also daher jetzt mehr dazu. Fischen im Meer ist frei, also man benötigt keinen Angelschein, den ich bis heute nicht besitze. Wieso auch, hier sich an so einen See zu stellen und einen übel miefenden Karpfen an Land zu ziehen, den man dann auch noch drei Tage baden muss in der Badewanne, damit er erst genießbar wird, um dann doch nur auf Gräten rumzukauen. Nein danke, muss nicht sein. Fischen hier in Norwegen ist vollkommen etwas anderes. Und weil man irre viel fängt, benötigt man von der Planung einfach Häuser, die mit Gefriertruhe und Boot ausgestattet sind. Man schneidet seine Fänge zu Filets, beschriftet diese schön sauber nach Menge und Fischart und friert dies portionsgerecht ein. So kommt es bei uns dazu, dass wir nach einem Norwegentrip von drei Wochen Dauer Fisch haben für das ganze kommende Jahr. Teils 50 Kilo reines Filet pro Mitfahrer. Der Rücktransport erfolgt in Styroporboxen, die mit Alufolie ausgekleidet sind. Die tiefgefrorenen Filets dort morgens vor Rückfahrt hinein und dann hält die Ladung durchaus 2 Tage und Nächte sogar bei heißen Sommertagen. Vielleicht sollte man sich nicht eine Woche Zeit lassen. Aber 80 Stunden sind kein Problem. Zuhause in München oder Ulm dann einfach in die Gefriertruhe. Und Fisch für das ganze Jahr und der schmeckt anders als alles, was man kaufen kann. Selbst gefangen schmeckt ohnehin viel besser.

So wie wird man nun Fischer!? Das ist ebenso easy, denn ich hatte dort Leute dabei, die zuvor weder besonders große Fischesser waren noch überhaupt keinen Schimmer vom Fischen hatten. Einen Tag „Schulung“ und es waren die größten und verrücktesten Fischer geboren. Nur mit dem Ausnehmen haben doch einige nach wie vor ihre Probleme. Na ja, mache ich halt, das Filet schneiden ist auch kein Problem, sollte man sich aber einmal zeigen lassen. Die Erfahrung macht’s dann. So gibt’s bei uns eine Arbeitsteilung, der eine schneidet die Filets, ein anderer bereitet den Feinschnitt vor, indem er die Haut abzieht, und den Feinschnitt machen meistens alle gemeinsam im warmen Haus bei Licht. Es kann durchaus dazu kommen, dass man nach 10 Stunden auf dem Wasser – die Zeit vergeht irre schnell – nahezu im Dunklen heimkommt (übrigens im Juni wird es nie dunkel) und dann den Fang verarbeiten muss. Das sind manchmal 2 Stunden Arbeit für alle zusammen. Erst dann gibt’s dann noch abendliches Fischessen, das gemütliche Bier oder den Wein danach, und dann fällt der erste um 10 Uhr schon tot ins Bett. Am kommenden Tag geht’s wieder raus, immer irgendwo anders hin. Man entdeckt Natur, Inseln, Tierwelt, raues Wetter und frische Luft powert einen frei in der Seele wie bei den Walfängern hunderte von Jahren zuvor. Kein Entrinnen von Natureindrücken, die einen überwältigen, Tiererlebnisse ob Robben oder Delphine, ein unbeirrbarer Jagdtrieb beim Fischen (gilt übrigens auch für das weibliche Geschlecht!!!), und eine körperliche Anstrengung in gesündester Natur und mit gesündestem Essen abends.

Es gibt nur Fischkreationen, egal ob gegrillt, gekocht, gebraten, Fischburger, Fischspagettis, Fischsuppe, ganzer Fisch am Feuer… immer Fisch drei Wochen lang, es sei denn man fängt nix, dann gibt es Erbsensuppe aus der Dose von Lidl. Wer will das schon, so vermieden wir den Nichtfang ganz einfach.

Ich könnte Hunderte von Geschichten erzählen, vom dem Delphinrudel, mit dem wir gemeinsam jagten, vom Wasserkochen, wo uns die Fische von allein in Kilogrösse ins Boot sprangen, vom spiegelglattem Meer nachts bei Vollmond und den springenden und rufenden Delphinen, von einsamen Inseln, die es zu entdecken gilt und auf denen wir am Feuer rasteten, nackt badeten oder Muschelbänke für die Vorspeise abräumten, von Riesenkrebsen aus Reusen ebenfalls Vorspeise, von Walen und Seespinnen in Tiefen von 200 Metern, von Rotbarschen wie eine Ziehharmonika angehängt an die Paternosterhaken aus 400 m Tiefe oder vom 20 Kilo schwerem Lumb aus 500 Metern, aufgeblasen wie ein Gymnastikball, von Bissen in der Tiefe, die das gesamte Equipment zerfetzten bzw. die Bremse lief und das Boot quasi gezogen wurde, bis man sich bereit erklärte, doch lieber die Schnur zu kappen, von Möwen, die einem auf der Schulter landen, um ein Bissen des Ausgenommen zu ergattern und unzählige Geschichten mehr. Aber auch Regengüsse auf dem Boot, pitschnass bis auf die Socken, auf einmal unruhige See, dann aber schnell rein, Verluste von Pilkern und Haken, nervig, ärgerlich, gefrustet. Verluste ganzer Angeln, die über Bord gingen sowie der Mitstreiter beim Anlegemanöver, irre Fachdiskussionen der „Neufischer“, wo, wie und wann man wo nun am besten fängt. “Unterrichtseinheiten“, wie man nun die Rolle bedient, wie man den Fisch am besten drillt, Knoten und Köderkunde, wie fährt man die Wellen am besten an, und so weiter… das gehört alles dazu! übrigens ein Boot gehört immer dazu bei unserer Haus- bzw. Hüttenauswahl. Also Boote sind dort in Norwegen Führerscheinfrei, zumindest die Kleineren. Bootfahren kann sowieso jeder. Boot mit 15 PS oder auch manchmal weniger ist völlig ausreichend, sofern man nicht auf die weite See hinaus will. Weiter raus, heißt auch mehr PS 50 und mehr ! Unsere Hausauswahl erfolgt meistens so, dass ein Haus tief innerhalb des Landes im Fjordgebiet liegt, dann eines mit Zugang zum Meer und Inselwelt und das dritte beinhaltet beides, also Zugang zu beidem, Fjord und Meer. Das Fischen unterscheidet sich in Nuancen, abhängig vom Gebiet. Am besten man fragt die Einheimischen und hat eine Seekarte mit Tiefenangaben. Ich für meine Person liebe es nach Seekarte die Gebiete per Angel zu erkunden, einen elektronischen Fischfinder haben wir nie gebraucht, lehne ich sogar ab. Mittlerweile nicht mehr!!!! Außerdem ist es viel spannender, dass die Fangquoten unterschiedlich sind von Tag zu Tag und auch die Auswahl der Fische. Grundsätzlich fängt man Dorscharten, doch die unterscheiden sich doch ich ihrer Art ganz erheblich. Auch die Fangmethoden sind durchaus verschieden. Langweilig wurde nie einem, auch nicht nach drei Wochen. Das Fischen ist nicht vergleichbar mit dem hiesigen Angeln. Man benötigt stabilere Pilk- bzw. Bootsruten, zusätzlich zu der großen Stationärrolle zum Pilken vom Ufer gehören eine Multirolle für Jeden mit geflochtener Schnur auf`s Boot. Dabei gilt vereinfacht gesagt, Bootsangeln relativ kurz und stabil, geflochtene Schnur dünn bis maximal 35 Kilo vollkommen ausreichend, Pilker (Metallfische) bis zu teils 1 Kilo notwendig. 1 Kilo ist hammermässig viel, doch auf 400 Meter bei starker Drift kommt man nicht anders hinunter auf den Boden, um zum Beispiel Lumb oder Steinbeißer zu fangen. Doch meistens fischt man so mit 50 bis 125 Gramm Pilkern im Freiwasser bei 30 bis 120 Metern auf Köhler (Seelachse), Hyse oder Leng. Und dann noch Dorsche auf Grund auch im Flachwasser, doch bitte nehmt keine kleinen Dorsche mit weniger als 1,5 Kilo Gewicht mit. Da ist doch sonst nicht genug zum Essen dran und die werden immer weniger nicht ausschließlich dieser Deppen wegen, aber auch deswegen. Das gilt auch für andere Fische! Dann gehört ein Grundequipment an Bord, bestehend aus Haken, Karabiner, Vorfächer, bei uns ein Gaff, usw…. Bei spezielleren Fragen einfach per Email bei mir nachfragen. Wir waren auch auf den Lofoten und in sehr vielen Ecken Norwegens eigentlich, beschränken uns die letzten Jahre aber auf Mittelnorwegen. Das liegt daran, dass die Anfahrt per Fähre von Hanstholm (Dänemark) nach Egersund am günstigsten ist und man ist gleich Vorort. Die längere Anfahrt von Oslo aus durch das Landesinnere haben wir mittlerweile über, denn es ist nur die ersten Male aufregend. Man sollte wissen, dass die großen Kataloge, die Häuser und Wohnungen für Norwegen anbieten, mindestens 30 % oder noch mehr kosten als die Direktvermarktung per Internet oder auch der einzelnen Gemeinden. Nahezu jede Gemeinde hat einen eigenen Vermietservice für ihre Gemeindemitglieder. Man findet auch immer etwas, wenn man nur so fährt und fragt oder die Schilder beobachtet „ledig“ (heißt frei). Preise in der Hochsaison also um August sind 20 % teuerer als im Mai/Juni oder im September. Egal, sowohl im Herbst als auch im Frühjahr hatten wir drei Wochen am Stück nur Sonne, auch einmal aber 14 Tage Regen. Reine Glückssache! Richtige Kleidung für beide Zeiten gehört ins Gepäck. Fischen kann feucht und schmuddelig werden, also auch nicht die Klamotten von Boss sind unbedingt angesagt. In Kneipen oder Discos geht man sowieso selten und wenn dann auf einen Kaffee. Den Rest kann man als armer Deutschbürger kaum bezahlen. Alkohol und fast alles an Essen wird in Deutschland eingekauft, dort lediglich die frischen Sachen wie Milch, Brot, Butter, Eier, usw… Auf dem Hinweg dienen die Styroporkisten als Transportmittel für Lebensmittel und Kleidung, auf dem Heimweg dann für jeden mit Filet gefüllt. Seit Juni 06 gilt ein neues Gesetz, dass pro Person nur noch 15 Kilo Fisch bzw. Filet auszuführen sind.

Unsere Häuser haben generell volle Ausstattung, Boot mit Motor, Gefriertruhe und Kamin, komplett ausgestattete Küche und Heizung. Kostenpunkt so um maximal 70 € pro Tag für 4 Leute. Dazu kommt nur noch der Bootssprit und Basis-Essenseinkäufe, Benzin und Maut für Fähren. Die idealste Tour laut Abrechnung war zu viert in Mittelnorwegen für 3 Wochen 3 verschiedene Häuser incl. aller Kosten (auch Anfahrt mit Fähre in einem Passat-Kombi und sämtlicher Einkäufe in Deutschland) als Gesamtkostenabrechnung pro Person von 543 €. Tolles Wetter, toll gefangen, und etliche Kilo Filet pro Person.

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